Brauerei Meinel: Frauenpower am Sudkessel

Fast 300 Jahre gibt es die Brauerei Meinel im oberfränkischen Hof. Seit rund 35 Jahren haben dort die Frauen das Bierzepter in der Hand. Die beiden Schwestern Gisela und Monika Hansen leiten als 13. Generation die Geschicke der Brauerei. Mit innovativen Ideen wollen sie den Traditionsbetrieb in eine erfolgreiche Zukunft führen.

„Ist denn hier gar kein leitender Mann im Haus?!“ Über diesen Satz kann die 34-jährige Gisi Hansen nur noch schmunzeln. Zu oft hat sie ihn in den vergangenen Jahren gehört – ob von verwunderten Monteuren, Einkäufern oder Besuchern. Dabei ist in der oberfränkischen Brauerei Meinel Frauenpower seit vielen Jahren an der Tagesordnung. Bereits vor rund 35 Jahren hat Gisela Meinel-Hansen als erste Frau in der Geschichte der 1731 gegründeten Brauerei die Leitung von ihrem Vater übernommen. Vor fünf Jahren sind ihre beiden Töchter Gisi und Moni mit in die Geschäftsführung eingestiegen. Mit viel Energie, Leidenschaft aber auch großer Ehrfurcht vor der langen Braugeschichte ihrer Familie setzen sie seitdem alles daran, den Traditionsbetrieb fit zu machen für die Zukunft.

Seit drei Jahrzehnten zählt bei der Brauerei Meinel Frauenpower

Durch Ehrgeiz, innovative Ideen und geschicktes Networking haben sich die Meinel-Schwestern längst einen Namen in der Branche gemacht. Beide sind ausgebildete Braumeisterinnen und Getränkebetriebswirtinnen. Monika war 2009 die jüngste Braumeisterin Deutschlands und obendrein Jahrgangsbeste. Mit ihrem ersten selbstkomponierten Bier, dem Meinel-Bräu Weizenbock hell, gewann sie den European Beerstar in Gold und Silber. Gisela ist zudem Biersommelière, Präsidentin des Bundes der Doemensianer und Vorsitzende des Vereins Bierland Oberfranken.

Dass man als Frau noch eine Schippe drauflegen muss, um sich in der männerdominierten Branche durchzusetzen – diese Erfahrung hat Gisi Hansen durchaus gemacht. Abhalten lässt sie sich dadurch allerdings nicht, ganz im Gegenteil. Genau wie ihre zwei Jahre jüngere Schwester sprudelt sie vor Ideen – einige davon hat die geballte Brauerei Meinel Frauenpower auch schon in die Tat umgesetzt. Wie etwa einen eigenen Biersalon in der Hofer Innenstadt oder den neuen Weißbierkeller, um künftig auch obergärige Biere brauen zu können. Mit einer Viertelmillion Euro eine kostspielige Anschaffung für das Familienunternehmen, aber für Gisi Hansen eine wichtige Investition in die Zukunft. Denn die 34-Jährige hat den Markt und die neuesten Biertrends immer im Blick, setzt im eigenen Unternehmen auf Sortenvielfalt. 18 verschiedene Biere braut die Meinel-Bräu aktuell, zehn davon gehören zum festen Sortiment, acht sind Saisonbiere.

Als „die Bierfeen aus Oberfranken“ über Nacht berühmt

Spezialbier_Meinel_BräuEinige der Neuheiten haben die jungen Chefinnen selbst gegen skeptische Widerstände durchgesetzt. Mittlerweile sind daraus echte Verkaufsschlager geworden. Wie etwa das erfrischende Naturradler mit Zitronen- oder Grapefruitlimonade in der 0,33l Flasche und natürlich das Spezialbier HolladieBierfee.
Letzteres hat den beiden Schwestern quasi über Nacht Berühmtheit verschafft. Dabei ist diese Bierspezialität eigentlich aus einer Stammtischlaune heraus entstanden. Den Stammtisch aus vier jungen oberfränkischen Brauerinnen hatten Gisi und Moni Hansen kurz zuvor ins Leben gerufen.

„Als wir so zusammensaßen, haben wir uns gefragt, warum alle Frauen um uns herum eigentlich nur Aperol Spritz trinken“, erinnert sich Gisi Hansen an den Abend vor sieben Jahren. Man müsste ein Bier speziell für Frauen kreieren, dachten sich die jungen Brauerinnen damals. Anders als das typische Bier, das im Steinkrug daherkommt. Eleganter, mit fruchtigen Aromen und einer aufregenden Farbe – sozusagen die „Bier-Antwort auf Aperol Spritz“. Herausgekommen ist das orange-rote Starkbier HolladieBierfee, ein aromatisches Dinkel-Pale-Ale. Als „die Bierfeen aus Oberfranken“ waren die Meinel-Schwestern und ihre beiden Mitstreiterinnen zum Produktstart in aller Munde!

Spagat zwischen Tradition und Innovation

Sortiment Meinel-Bräu

Ein poppiges Etikett, eine außergewöhnliche Flasche, ein flippiger Markenauftritt – was bei der neuen Marke HolladieBierfee gut ankam, ist bei einer Traditionsmarke wie der Meinel-Bräu undenkbar. Die Neugestaltung des Meinel-Logos und der Bier-Etiketten im vergangenen Jahr war daher „das Ergebnis eines behutsamen Prozesses“, erklärt Gisi Hansen. Neukunden gewinnen ohne die Bestandskunden zu verschrecken ist schließlich kein leichtes Unterfangen für eine Handwerksbrauerei mit fast 300 Jahren Tradition. Doch auch dieser Spagat ist den beiden jungen Geschäftsführerinnen geglückt: Logo und Etiketten kamen beim Publikum gut an.

Nach fünf Power-Jahren mit neuen Produkten und kostspieligen Zukunftsinvestitionen war eigentlich geplant, das Unternehmen in ruhigeres Fahrwasser zu lenken. Doch dann kam Corona. „Zwei Saisons ohne Veranstaltungen, Braugasthof und Biersalon monatelang zu, ein Umsatzrückgang von 40 Prozent – das hat uns ganz schön hart getroffen“, resümiert Gisi Hansen. Den Kopf in den Sand stecken kommt allerdings nicht in Frage. Daher tüfteln beide Schwestern bereits an neuen Vermarktungsideen, wie Zapfseminaren, Bier-Picknick-Events oder einem flexiblen Getränkelieferservice mit kleiner E-Auto-Flotte.

Minikeg als wichtiger Baustein der Direktvermarktung

Auch das Minikeg ist ein wichtiger Baustein in der Direktvermarktung der Meinel-Bräu und hat durch Corona noch an Bedeutung gewonnen. Minikeg_Envases„Das Zapfen zu Hause macht den Leuten Spaß“, weiß Gisi Hansen. „Bei uns holen sich viele Urlauber, Camper oder spontane Genusseinkäufer ihr frisch gekühltes Minikeg direkt zum Mitnehmen.“ Auf Vorbestellung (5 Werktage) kann jedes Bier aus dem Meinel-Sortiment ins 5-Liter-Fass abgefüllt werden.
„Ob HolladieBierfee für den Mädelsabend oder unser Freindla für das Hofer Volksfest zu Hause – das wird wirklich gut angenommen“, sagt Gisi Hansen. Rund 2000 Minikegs hat sie im letzten Jahr verkauft und denkt jetzt sogar über ein eigenes Branding der Fässer nach.

Sinkender Pro-Kopf-Konsum beim Bier, wachsender Verdrängungswettbewerb durch die Großkonzerne, demographischer Rückgang im ländlichen Oberfranken und nun auch noch die Pandemie – keine leichten Zeiten für die fast 300 Jahre alte Handwerksbrauerei aus Hof. Doch neben viel Elan und Optimismus haben die jungen Brauerei-Chefinnen Gisi und Moni Hansen den Kopf voller Ideen und vor allem eine unerschütterliche Liebe zum Bier. Und eines ist jedenfalls sicher: Auch die 13. Generation der Braufamilie Meinel lässt sich nicht unterkriegen.