Neue EU-Gesetze für Brauereien: Was kommt und was bringt es?

Die Einführung des Lieferkettengesetzes ist ein wichtiger Schritt für die Transparenz und Verantwortlichkeit in globalen Lieferketten. Insbesondere für Brauereien und die Getränkeindustrie bringt dieses Gesetz sowie auch das neue EU-Verpackungsgesetz weitreichende Auswirkungen mit sich. Wir haben mit Dirk Reinsberg, Vorstand des Bundesverbands des Deutschen Getränkefachhandels e.V. gesprochen, der sich die letzten Jahre auf Verbandsseite intensiv mit den neuen EU-Gesetzen beschäftigt hat.

Das Lieferkettengesetz ist eine Reaktion auf zunehmende Forderungen nach mehr Transparenz und Verantwortlichkeit in globalen Lieferketten. Es zielt darauf ab, Menschenrechtsverletzungen, Umweltschäden und andere negative Auswirkungen entlang der Lieferketten zu reduzieren. Lange hat es gebraucht bis es erstmal im EU-Rat verabschiedet werden konnte. Gerade Deutschland hat sich der Ab- und Zustimmung lange Zeit enthalten. Doch schafft das EU-Lieferkettengesetz für Deutschland vor allem Chancen- und Wettbewerbsgleichheit. Denn Deutschland hat seit dem 1. Januar 2023 bereits ein Lieferkettengesetz, das sogenannte ‚Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz‚, das bereits jetzt schon dafür sorgt, dass Unternehmen mit mehr als 1.000 Mitarbeitern ihre menschenrechtliche Sorgfaltspflicht erfüllen. Neue EU-Gesetze für Brauereien? Nicht nur heiß diskutiert, sondern auch noch lange in der Warteschleife.

„Für mich war es nur schwer nachvollziehbar, dass gerade Deutschland sich dem EU-Lieferkettengesetz gegenüber so skeptisch gezeigt hat“, kommentiert Reinsberg, „denn mit Einführung eines europäischen Lieferkettengesetz schließt sich eine Lücke zwischen Deutschland und allen anderen EU-Ländern und deutsche Unternehmen  müssen keine Wettbewerbs-Nachteile mehr erleiden.

Das EU-Parlament hat die EU-Lieferkettenrichtlinie und das EU-Verpackungsgesetz sprichwörtlich auf den letzten Metern der Legislaturperiode abgesegnet und auf den Weg gebracht. Hinsichtlich der europäischen Verpackungsverordnung (englisch Packaging- and Packaging-Wast Directive – PPWR) bleibt es jedoch weiterhin spannend. Der aktuelle Text enthält noch einige widersprüchliche Details, die geklärt werden müssen. Ferner fehlt es noch an den in der EU üblichen offiziellen Übersetzungen in die Sprachen der EU-Mitgliedsländer. Entsprechend wird dem jetzt im Juni neu zu wählenden Parlament die Verordnung noch einmal zur Abstimmung vorgelegt. Zwar gilt die erneute Abstimmung als formale Angelegenheit, ändert sich die politische Zusammensetzung des neuen EU-Parlaments jedoch entscheidend, könnte das Gesetz nochmals fundamental kippen oder verändert werden. „Vor 2027 oder 2028 wird so oder so davon jedoch nichts in die Umsetzung kommen, da in den kommenden Monaten und Jahren noch zahlreiche sogenannte delegierte Rechtsakte erarbeitet und konkretisiert werden müssen, kommentiert Reinsberg“ Neue EU-Gesetze für Brauereien: Man wird noch eine ganze Weile darauf warten müssen!

 

Dirk Reinsberg, Vorstand des Bundesverbands des Deutschen Getränkefachgroßhandels e.V.

Das EU-Lieferkettengesetz für Brauereien: Worum geht es eigentlich?

Zuerst einmal: Das EU-Lieferkettengesetz ebenso wie das Deutsche Lieferkettengesetz gelten ausschließlich für Unternehmen über 1.000 Mitarbeitern und einem Jahresumsatz von 450 Millionen Euro. Das bedeutet: kleine Brauereien, kleine Getränkefachhändler oder auch deutsche Unternehmen, die gar nicht international agieren, müssen sich eigentlich erstmal gar nicht damit beschäftigen. Das Lieferkettengesetz legt fest, dass Unternehmen verpflichtet sind, menschenrechtliche Sorgfaltspflichten entlang ihrer gesamten Lieferkette zu beachten. Dies umfasst Bereiche wie Arbeitsbedingungen, Umweltschutz, Korruptionsbekämpfung und Respektierung von Menschenrechten. Deshalb müssen Unternehmen transparent ihre Lieferanten, Produktionsstandorte und auch den genauen Ursprung ihrer Rohstoffe transparent offenlegen. Es geht darum, potentielle Kinderarbeit, Umweltverschmutzung oder Verletzungen von Arbeitsrechten frühzeitig zu erkennen und entgegen zu wirken.

Risikominimierung, Reputationsmanagement und Förderung von Nachhaltigkeit

Durch die Einhaltung des Lieferkettengesetzes können Brauereien und Unternehmen der Getränkeindustrie ihre Risiken in Bezug auf Menschenrechtsverletzungen und Umweltschäden minimieren. Dies trägt nicht nur zum Schutz der betroffenen Personen und des Planeten bei, sondern schützt auch das Unternehmen vor Reputationsverlusten und rechtlichen Konsequenzen. Ein transparentes und verantwortungsvolles Lieferkettenmanagement kann das Vertrauen der Verbraucher stärken und als Wettbewerbsvorteil dienen.

Das Lieferkettengesetz zwingt zudem Unternehmen, sich intensiver mit Fragen der Nachhaltigkeit und sozialen Verantwortung auseinanderzusetzen. Brauereien und Unternehmen der Getränkeindustrie werden ermutigt, nachhaltigere Beschaffungspraktiken zu implementieren und Partnerschaften mit Lieferanten einzugehen, die ähnliche Werte teilen. Dies kann auch dazu beitragen, langfristige Beziehungen zu Lieferanten aufzubauen, die auf Vertrauen, Fairness und Respekt basieren.

Das EU-Verpackungsgesetz und seine Auswirkungen auf Brauereien und Getränkefachhandel

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Das EU-Verpackungsgesetz stellt eine wichtige Weichenstellung für eine nachhaltigere Zukunft dar und fordert Brauereien und den Getränkefachhandel dazu auf, ihre Verpackungsstrategien zu überdenken. Durch die Umsetzung von Maßnahmen zur Reduzierung von Einwegverpackungen, Förderung von Mehrwegsystemen und Investitionen in nachhaltige Verpackungslösungen können Unternehmen nicht nur ihren ökologischen Fußabdruck verringern, sondern auch langfristige Wettbewerbsvorteile erzielen. Es ist entscheidend, dass Brauereien und der Getränkefachhandel proaktiv auf die Anforderungen des EU-Verpackungsgesetzes reagieren und ihre Geschäftsmodelle entsprechend anpassen, um eine nachhaltige Zukunft zu gewährleisten.

„Der erste Entwurf des Verpackungsgesetzes, das im November 2022 vorgestellt wurde, hat erstmal großes Entsetzen ausgelöst. Meiner Meinung nach hatten die Gesetzgeber die spezifischen Herausforderungen der deutschen Getränkeindustrie absolut nicht auf dem Schirm“, kommentiert Reinsberg. „So sollte beispielsweise jedes Mehrweg-Gebinde eine untrennbare Kennzeichnung haben. Eine Kennzeichnung auf Etiketten war somit ausgeschlossen. Das hätte aber u.a. bedeutet, dass alle bereits im Umlauf befindlichen Getränke-Mehrwegflaschen (Bier genauso wie Mineralwasser, etc.) hätten eingeschmolzen werden müssen. Es handelt sich hierbei um 3 Milliarden Flaschen! Das wäre ökologisch und ökonomisch ein Desaster gewesen! Zudem sollte festgelegt werden, dass Transportverpackungen maximal 40% größer sein dürfen wie das zu transportierende Gut. Ein Bierkasten mit 20 oder 24 Flaschen hätte hier nicht mehr verwendet werden dürfen. Die Gesetzgeber hatten hier klar die unzähligen und oftmals viel zu großen Kartonagen im Online-Handel vor Augen und sicherlich keine Getränke-Mehrwegkisten. Glücklicherweise konnte diese Regelung zum Schutz der millionenfach im Einsatz befindlichen Getränkekästen angepasst werden. Ebenso die zunächst angedachte Unterordnung von bestehenden offenen Mehrwegpools in ein geschlossenes Gouvernance-System..“

Nachbesserungen für unterschiedliche Getränke und Gebindearten

Hier war die Lobbyarbeit der Verbände ganz besonders wichtig! Die Spirituosen-Industrie war bereits von Anfang an vom Gesetz ausgenommen, denn hier wäre ein Mehrwegsystem schlicht nicht umsetzbar gewesen. Auch die bereits existierenden Mehrwegsysteme im Brauerei-Bereich sowie der Mineralwasser-Industrie wurden jetzt ebenfalls als Ausnahme aus dem Gesetz ausgeschlossen. Auf diese Weise konnte auch das neue EU-Verpackungsgesetz so angepasst werden, dass keine massiven wirtschaftlichen Nachteile für bestimmte Branchen entstehen. „Allerdings ist dieser Prozess der Nachbesserungen noch nicht abgeschlossen“, erklärt Reinsberg. “ Es gilt noch einiges zu schärfen. Beispielsweise sollten auf allen Etiketten QR-Codes integriert werden, die im Internet auf weitergehende Informationen zum Produkt führen. Über die genaue Art dieser Kennzeichnungen wird jetzt noch diskutiert und auch hier wird es Nachbesserungen geben müssen. Ich bin aber zuversichtlich, dass wir die letzten kleinen Unstimmigkeiten zeitnah lösen werden.“

Gute Nachrichten für das Minikeg von Envases: Alle Gebinde über 3 Liter sind von den Regelung ausgenommen! Das neue Verpackungsgesetz hat also keinerlei Auswirkungen auf die 5-liter-Partyfässer.

Die Debatte um die beiden neuen EU-Gesetze rundum Lieferketten und Verpackung haben gezeigt, wieviel Einfluss Entscheidungen in Brüssel für die Wirtschaft der einzelnen EU-Länder haben. EU-Recht bedeutet deshalb auch Deutschland-Recht. Es bleibt spannend, ob diese lange diskutierten Gesetze so bleiben dürfen oder nach der Wahl noch eimal verändert oder gestoppt werden. Wir halten Sie auf dem Laufenden!

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