Hopfenernte 2021: Gute Qualität, reich an Alphasäuren

Dr. Johann Pichlmaier ist einer der führenden Hopfen-Experten in Deutschland. Mit uns spricht er über die Qualität der deutschen Hopfenernte 2021, die Herausforderungen eines immer globaleren Marktes, neueste Trends bei den Anbausorten und die Auswirkungen des Craft Beer-Booms auf den internationalen Hopfenbedarf.

Zum Abschluss der Hopfenernte 2021 hat Dr. Johann Pichlmaier erfreuliche Nachrichten: „Die Brauer bekommen 2021 einen sehr guten Hopfen. Qualität und Aroma sind top. Die Alphasäurewerte liegen bei fast allen Hopfensorten mindestens im Durchschnitt, meist darüber. In Einzelfällen haben wir sogar Sorten mit Rekordalphasäurewerten.“ Gut sei auch der Gehalt an Hopfenölen. Und auch die Erträge sind dank günstiger Wetterverhältnisse insgesamt gut ausgefallen. Traurige Ausnahme: ein von der Flutkatastrophe Anfang Juli stark betroffener Hopfenpflanzer in der Nähe von Bitburg. „Es ist auf jeden Fall genügend Hopfen da, so dass alle Bestellungen erfüllt werden können.“

90 Prozent der Hopfenernte 2021 sind bereits verkauft

Hopfen in der Hallertau

Rund 90 Prozent der Hopfenernte 2021 sind sowieso bereits vorab zu fixierten Konditionen verkauft. Für die rund 10 Prozent Spotmenge liegen die Preise – je nach Sorte – in etwa auf Vertragsniveau, in manchen auch darunter, schätzt Pichlmaier. Als HVG-Vorstandsvorsitzender hat er natürlich immer die globalen Märkte im Blick. Schließlich ist die HVG die größte Hopfengenossenschaft der Welt. Seit fast 70 Jahren fungiert sie als Schnittstelle zwischen Hopfenpflanzern und Brauereien und beliefert die Brauindustrie weltweit mit qualitativ hochwertigen Hopfenprodukten aus Deutschland. Auch Dienstleistungen, wie Lagerung und Logistik, gehören zum HVG-Portfolio. Ihre Brauexperten stehen den Brauereien außerdem als Ansprechpartner und Berater in allen Fragen der Hopfenanwendung im Bier zur Verfügung.

Der Hopfenanbau hat in Deutschland eine lange Tradition, die bis ins 9. Jahrhundert zurückgeht. Boden und Klima bieten hierfür gute Voraussetzungen. Dass ausgerechnet die Hallertau in Bayern zum weltweiten Hopfenzentrum geworden ist, hat gleich mehrere Gründe: leidenschaftliche und gut ausgebildete Hopfenpflanzerfamilien in Süddeutschland, innovative Unternehmen, die eine leistungsstarke Hopfenlogistik aufbauten, und nicht zuletzt die staatliche Hopfenforschung, die sich ebenfalls vor Ort ansiedelte und unterstützend wirkte. Heute ist die Hallertau mit 2400 Quadratkilometer Fläche das größte zusammenhängende Hopfenanbaugebiet der Welt. Auf die Qualität des deutschen bzw. des Hallertauer Hopfens können sich die Brauer verlassen, betont Pichlmaier. „Wir haben hervorragende Hopfensorten und sehr professionelle und erfolgreiche Qualitätssicherungssysteme.“ Bereits in den Betrieben trocknet der Hopfen mit Hilfe modernster Verfahren. Unabhängige Labors prüfen ihn unter anderem auf Pflanzenschutz-Rückstände, die Werte dokumentiert ein branchenweites Monitoring. „Damit können wir den Hopfen vom Sudkessel bis zum Hopfengarten zurückverfolgen“, erklärt der Hopfen-Experte.

Rund 80 Prozent des deutschen Hopfens gehen ins Ausland

Hopfen HVG

Das „grüne Gold“ ist mittlerweile ein echter Exportschlager. Zwischen 75 und 80 Prozent der Ernte exportiert Deutschland jährlich, davon 50 Prozent in Staaten außerhalb der EU. Die USA, Japan, Russland und China sind Hauptabnehmer. Der weltweite Bedarf an Hopfen ist in den letzten zehn Jahren kontinuierlich gestiegen. „Der Craft Beer-Boom hat die Hopfenwelt maßgeblich verändert“, konstatiert Pichlmaier. Zum Vergleich: Während man für die Produktion eines normal gehopften Bier etwa 100 bis 200 g Hopfen/hl verwendet, kommen bei einem Craft Beer schon mal 2 kg/hl zum Einsatz! Nicht nur, dass dadurch viel mehr Hopfen gebraucht wird als noch vor zehn Jahren – „das Craft Beer hat auch die Nachfrage nach einer Sortenvielfalt mit exotischen Aromanoten enorm belebt.“

Der HVG-Chef ist überzeugt, dass diese Entwicklung auch noch weiter anhält – auch wenn Corona ihr einen kleinen Dämpfer verpasst hat: Im letzten Jahr ist der weltweite Bierausstoß um etwa fünf Prozent gesunken. Da davon tendenziell die „Hopfen-intensiven“ Craft Biere international stärker betroffen sind, ist auch mit einem geringeren Hopfenverbrauch zu rechnen. „Sieben bis acht Prozent weniger in 2020“, schätzt Pichlmaier. Er macht aber gleichzeitig deutlich, dass sich auch Ernteschwankungen durchaus im Bereich von plus/minus 25 Prozent bewegen können. Insofern sei der Corona-Einfluss „in einem erträglichen Rahmen“ und sowieso sehr sortenabhängig.

Durch den Craft Beer-Boom sind zunehmend exotische Sorten gefragt

Pichlmaier bei HVG

Dr. Johann Pichlmaier, Hopfen-Experte

Rund 300 verschiedene Hopfensorten werden mittlerweile weltweit angebaut – wobei etwa zehn davon den internationalen Markt dominieren.

Besonders im Craft Beer-Bereich sind zunehmend fruchtige Spezialhopfen gefragt, die dem Bier zum Beispiel einen Hauch von Grapefruit oder ein weinartiges Aroma verleihen. Und wie jeder Brauer weiß: Der Hopfen macht (auch) die Drinkability! Durch die Sortenwahl, die Menge und den Einsatzzeitpunkt während des Brauprozesses lassen sich die Bittere eines Bieres, sein Aroma und die Schaumstabilität maßgeblich beeinflussen. Pichlmaier freut es, dass durch neuere Bier-Trends, etwa im Craft Beer-Bereich, die Hopfen jetzt in ihrer Vielfalt mehr genutzt werden. „Traditionelle Sorten verwendet man im Brauprozess jetzt zum Teil anders und neue Sorten setzt man wegen besonderer Aromanoten ein.“

Für Biere mit großen Hopfengaben kommen zunehmend auch konzentrierte Hopfenpellets zur Anwendung, die durch einen mechanischen Mahl- und Siebungsprozess entstehen. Die Aroma- und Bitterstoffe des Hopfens ändern sich dadurch nicht. Diese Produkte, die je nach Hersteller unter dem Namen „Lupolinator“, „Lupomax oder „Cryo“ bekannt sind, haben für Pichlmaier klare Vorteile: „Der Brauer braucht weniger Material bei gleichen Effekten.“ Und sie lassen sich ohne Qualitätsverlust auch über einen längeren Zeitraum einlagern: „Hopfenpellets halten auf jeden Fall mindestens fünf Jahre, Extrakte sogar problemlos zehn Jahre.“

Brauer sollten auf stabile Hopfensorten setzen

Hallertauer Hopfen

Durch eine gewisse Lagerhaltung gewinne jede Brauerei ein Stück Unabhängigkeit. „Denn man darf nicht vergessen: Hopfen ist ein schwankender Rohstoff“, gibt Pichlmaier zu bedenken. Sich mit Kontrakten abzusichern, sei daher ebenfalls sinnvoll, um nicht nach einem schlechten Erntejahr ohne Rohstoff dazustehen. Denn die Vorvertragsquote der nächsten Jahre sei erheblich, so dass ein sehr hoher Anteil der deutschen Hopfenanbaufläche schon unter Vertrag stehe. Auch wenn die Hopfenernte 2021 erfreulich ausgefallen ist, rät Pichlmaier den Brauereien, bereits jetzt für die Zukunft vorzusorgen: „Aufgrund des Klimawandels werden Ernteschwankungen weltweit zunehmen. Die Brauer sollten daher künftig auf besonders stabile Hopfensorten setzen und ihre Rezepturen und Brauverfahren entsprechend anpassen.“

*Dr. Johann Pichlmaier ist seit 1998 Vorstandsvorsitzender der Hopfenverwertungsgenossenschaft Wolnzach, in der er zuvor bereits drei Jahre als Geschäftsführer tätig war. Von 2002 bis 2018 hatte Dr. Pichlmaier außerdem das Amt des Präsidenten des Verbandes Deutscher Hopfenpflanzer inne. Er war lange Jahre Mitglied des Vorstands der Gesellschaft für Hopfenforschung, Vorsitzender der „Ständigen Arbeitsgruppe Hopfen“ bei der EU-Kommission in Brüssel und von 2003 bis 2019 außerdem Vizepräsident des Internationalen Hopfenbaubüros.