Der Weg zum Bier: Eine Leidenschaft wird zum Beruf
Frau Knoll, wie sind Sie eigentlich zum Thema Bier gekommen?
Ich habe die letzten vier Schuljahre in Belgien verbracht, wo Bier eine ganz besondere Rolle spielt. Dort sind unter anderem Fruchtbiere mit niedrigem Alkoholgehalt sehr populär, die mir den Einstieg ins Thema erleichtert haben. Die Kultur dort hat mir schon früh gezeigt, wie vielfältig Bier sein kann. Aber auch in Bayern habe ich einige Zeit gelebt, was natürlich ein ganz anderes, schönes Biererlebnis bietet. Mit meinem Ehemann habe ich dann irgendwann angefangen, zuhause selbst Bier zu brauen. Das war unser gemeinsames Hobby und hat uns viel Freude bereitet. Irgendwann kam der Entschluss, eine Biersommelier-Ausbildung zu machen, um mein Wissen weiter zu vertiefen.
Beruflich habe ich ursprünglich Betriebswirtschaftslehre (BWL) studiert und später bei der Telekom gearbeitet, unter anderem auch in der Kommunikation. Diese Kombination aus betriebswirtschaftlichem Wissen und Kommunikationsfähigkeiten hat mir eine ideale Grundlage gegeben, um ein eigenes Business in der Bierbranche zu starten. Bier ist nicht nur Leidenschaft, sondern für mich auch ein ernst zu nehmendes Geschäft, mit dem man durchaus erfolgreich Geld verdienen kann.
Die Deutsche Biersommelier-Meisterschaft: ein großer Erfolg!
Frau Knoll, Sie haben gerade die Deutsche Biersommelier-Meisterschaft gewonnen. Herzlichen Glückwunsch! Was bedeutet dieser Titel für Sie?
Vielen Dank! Für mich ist dieser Titel eine große Ehre und eine wunderbare Anerkennung meiner Arbeit. Die Deutsche Biersommelier-Meisterschaft ist eine Chance, mein Wissen über Bier, die Aromenvielfalt und die Geschichten dahinter zu zeigen. Ich möchte Menschen dazu inspirieren, Bier nicht nur als Getränk zu sehen, sondern als ein echtes Erlebnis.
Was können Sie uns über die Deutsche Biersommelier-Meisterschaft und ihre Bedeutung für die Bierkultur in Deutschland erzählen?
Die Deutsche Biersommelier-Meisterschaft bei der Doemens Akademie in Gräfelfing ist ein anspruchsvoller Wettbewerb, bei dem es um viel mehr als nur um das Probieren von Bier geht. Es ist ein Zusammenspiel von Wissen, sensorischen Fähigkeiten und Kommunikation. Man muss die Brauereien, ihre Geschichten und ihre Traditionen kennen, um die Leidenschaft, die in jedem Bier steckt, weitergeben zu können. Beim Finale ging es darum eine Biersorte, die zufällig ausgelost wurde, in einem mehrminütigen Beitrag spontan zu präsentieren. Ich hatte das Hanse-Porter der Störtebeker Brauerei gezogen und das war großartig. Porterbiere haben mich immer schon fasziniert und so konnte ich auch Geschichtliches und Hintergründe dazu erzählen. Gerade diese Geschichten schaffen eine andere Wertigkeit dem Bier gegenüber. Es hat mir großen Spaß gemacht. Insgesamt ist diese Deutsche Meisterschaft eine großartige Plattform, um die Wertschätzung für Bier zu stärken und zu zeigen, wie vielfältig die Bierwelt ist.
Alkoholfreie Biere: Ein wachsender Trend
Welche Trends sehen Sie aktuell am Biermarkt?
Ein Trend, der besonders ins Auge fällt, ist der wachsende Markt für alkoholfreie Biere. Das Gesundheitsbewusstsein der Konsumenten steigt, und viele Menschen möchten bewusster genießen, ohne dabei auf den Geschmack verzichten zu müssen. Alkoholfreie Biere bieten eine hervorragende Alternative, und die Qualität in diesem Segment hat in den letzten Jahren enorm zugelegt. Es gibt mittlerweile eine Vielfalt an Stilen, von Pils bis hin zu IPA, die alkoholfrei angeboten werden, ohne dass man geschmackliche Kompromisse eingehen muss.
Regionalität und Natürlichkeit werden immer wichtiger!
Sie sprechen auch oft von der Bedeutung der Regionalität und der Verbindung zur Natur. Was macht das beim Bier aus?
Ich glaube, dass die Regionalität und die Verbindung zu natürlichen Zutaten eine entscheidende Rolle spielen. Wenn man weiß, woher das Bier kommt, welche Brauer es hergestellt haben und welche Rohstoffe verwendet wurden, entsteht eine ganz andere Beziehung zu dem Produkt. Es ist die Authentizität, die zählt – das Wissen, dass man etwas Lokales, Handgemachtes und mit Liebe Kreiertes in den Händen hält. Diese Natürlichkeit und Qualität spüren die Konsumenten.
Storytelling dank Minikeg!
Inwiefern spielt auch das Storytelling eine Rolle für den Erfolg von Bieren?
Storytelling ist unglaublich wichtig, vor allem, wenn es um das Lebensgefühl geht, das Bier vermittelt. Die Optik, das Design der Flaschen und Dosen, aber auch die Geschichten, die eine Marke erzählt, beeinflussen, wie das Bier wahrgenommen wird. Ein paar Beispiele sind das „Pülleken“ von Veltins oder das „Schreckenskammer“ Kölsch, welches von der Brauerei Früh gebraut wird. Auch Gaffel mit dem „Sonnenhopfen“ und seinen diversen Kampagnen haben das wunderbar umgesetzt. Maisel bringt bei seinem Artbeer Kunstwerke auf den Flaschen ein ganz eigenes Lebensgefühl zum Ausdruck.
Und dann gibt es noch das Minikeg. Ein Partyfass steht für Geselligkeit, Event und Bier als etwas Besonderes. Es ist nicht nur eine praktische Lösung für Feiern, sondern auch eine große Werbefläche, die sich perfekt für Storytelling eignet. Das Zapfen aus einem Minikeg ist ein Erlebnis für sich – man fühlt sich wie der eigene Barkeeper, und das macht einfach Spaß!
Die Gewinnerin der Deutschen Biersommelier-Meisterschaft rät: Mehr Vielfalt wagen!
Was raten Sie den Brauereien, um sich besser auf dem Markt zu positionieren?
Ich denke, Vielfalt ist ein Schlüssel, der in Deutschland noch stärker genutzt werden sollte. International wird das oft besser gemacht – dort gibt es eine größere Bandbreite an Stilen und Sorten, die in der Gastronomie auch aktiv angeboten werden. In Deutschland sind die Konsumenten oft sehr preissensibel, und das beeinflusst auch die Angebotsvielfalt. Es wäre toll, wenn mehr Brauereien den Mut hätten, unterschiedliche Bierstile anzubieten, und wenn die Gastronomie sich öffnet und den Konsumenten diese Vielfalt näherbringt. Denn nur wenn die Menschen die Biere kennenlernen, können sie auch ihre Liebe dafür entdecken.
Wie sieht es mit Craftbier aus? Der Begriff hat in den letzten Jahren an Bedeutung verloren.
Das stimmt, der Begriff „Craftbier“ ist in Deutschland oft negativ besetzt. Vielleicht sollten wir besser von „Spezialbieren“ sprechen. Diese Bezeichnung bringt mehr Wertschätzung mit und rückt die Qualität in den Vordergrund. Denn letztendlich geht es darum, dem Bier den Stellenwert zu geben, den es verdient. In Ländern wie den USA oder Frankreich gibt es dafür mehr Bewusstsein – dort zahlt man auch im Restaurant gerne mal 8 Dollar für ein IPA. Das spiegelt die Wertschätzung für das Produkt wider, und ich glaube, das wäre auch in Deutschland ein wichtiger Schritt.
Haben Sie einen letzten Tipp für die Brauer?
Ja, ich denke, es wäre wichtig, sich nicht davor zu scheuen, auch höhere Preise für besondere Biere zu verlangen. Deutschland ist ein preissensibler Markt, aber ein hochwertiges Lebensmittel hat seinen Preis – und Bier ist ein Lebensmittel! Ich würde den Brauern auch raten, den Konsumenten zu zeigen, was für ein tolles Produkt sie herstellen. Es ist eine Ehre, in dieser Branche zu arbeiten und mit so viel Leidenschaft etwas zu schaffen, das Menschen zusammenbringt und Freude bereitet.
Frau Knoll, vielen Dank für das inspirierende Gespräch!
Ich danke Ihnen! Es ist mir ein großes Anliegen, die Wertschätzung für Bier in Deutschland weiter zu fördern und den Brauern für ihre großartige Arbeit zu danken. Es ist ein wunderbarer Beruf, und ich hoffe, dass wir gemeinsam noch viele Menschen für die Welt des Biers begeistern können.
Titelfoto: Doemens